Am 22.05.2014 erreichte mich folgendes E-Mail mit einem wunderschönen Bild:
„Lieber
Herr Stranz,
Ein
schauriger Sieg.
Beim
Eurovison Song Contest wurde nicht ein Lied gekürt sondern ein
Hohepriester des Transgender-Kults geweiht. Unfassbar
der Auftritt des Tom Neuwirt, verkleidet als Frau „Wurst“ mit Bart.
Nicht wie in anderen Ländern üblich vom Publikum gewählt, wurde Neuwirt
vom Österreichischen Rundfunk als ideologisches
Statement durchgepuscht.
Gab es
im Vorfeld noch reichlich Kritik, wurde nach dem Ergebnis, der
Sieg als ein großes Zeichen der Toleranz gefeiert, auch von den
Kritikern. Denn diese Toleranz schließt jede Kritik aus. Ein großer
Schritt in der Dekonstruktion unserer Werte.
Eine
erstaunliche Stimme, alle wurden elektrisiert. Der Auftritt hat viele
der 180 Mio. TV-Zuschauer „begeistert“ aber wessen Geistes Kind
das war, ist den meisten nicht klar.
Die Gender-Dekonstruktion
wurde proklamiert: Oben ist unten, rund ist eckig, Mann ist Frau,
perverses ist normal – alles wird verdreht.
Übrigens,
Conchita kommt aus dem Spanischen und steht für „unbefleckte
Empfängnis“ und vulgär umgangsprachlich für „Muschi“ und wie dann die
Wurst dazu passt, ist sicher auch allen klar.
Herzliche Grüße,
Ihr Peter
Ischka“
Peter Ischka ist der Herausgeber der Zeitschrift
Z, wo es um die Wiederherstellung christlicher Werte in unserer Kultur gehen
soll.
Wieder einmal flammte die naive Hoffnung in mir
auf, als ein Christ, der sich auf den inneren Christus beruft (nicht auf eine
angeblich „Heilige Schrift“), irgendwo in der Welt einen Anschluss finden
zu können, eine Verbrüderung Gleichgesinnter. Auch mir liegt die Renaissance christlicher
Werte in unserer Kultur sehr am Herzen. Vielleicht könnte ja die „Z“ auch ein
Sprachrohr für mich werden (?).
So schickte ich eine Artikel für die werdende
Ausgabe Nr. 11 an die Redaktion, wo es um Gesundheitsfragen gehen sollte.
Leider wurde mein Artikel aus mir unbekannten
Gründen nicht angenommen. Das Wort „Vegetarismus“ kommt in der Ausgabe der Z „Was
macht krank? Was gesund“ nicht vor. Es ist zwar die Rede davon, dass tierisches
Eiweiß nicht unbedingt notwendig ist, aber für die Gleichung
christlich=vegetarisch scheint das heutige Christentum immer noch nicht reif zu
sein.
Das ist für mich bestürzend und bedauerlich, weil ja die gläubigen Christen
eigentlich die Vorreiter der geistigen Entwicklung der Menschheit sein sollten.
Das sind sie in der Regel nicht. Ausnahmen in bezug auf den Vegetarismus bilden
hier die Adventisten und die Urchristen im Universellen Leben. Allein von
diesen beiden Bewegungen ist es mir bekannt, dass sie das „Du sollst nicht
töten“ und die Forderung nach Barmherzigkeit als einen Aufruf zur
Gewaltlosigkeit verstehen, der auch die Tiere betrifft.
Hier nun mein Artikel, der leider nicht den Weg
in diese Zeitschrift gefunden hat:
Nach dem obigen Mail habe ich nun das Gefühl, es
ist kein Zufall, dass der Artikel nicht den Weg in diese Zeitschrift gefunden
hat. Denn mein christliches Werteverständnis ist wohl doch von dem Peter
Ischkas sehr verschieden.
Hat er vergessen, dass Jesus immer auf der Seite der Unterdrückten und Verfolgten war?
Ich habe die Bilder aus Russland gesehen, wo
Homosexuelle schlimmster Gewalt und Verfolgung ausgesetzt sind. Sie werden beschimpft,
geschlagen und gefoltert und müssen Angst um ihr Leben haben. Ich bin nicht
homosexuell, aber das macht mir Angst. Ich wünsche es den Homosexuellen in
Russland und anderswo von Herzen, dass sie in völliger Wahrung ihres freien
Willens ihre Ausrichtung leben können. Es geht ja auch bei homosexuellen
Partnerschaften, wie bei anderen Partnerschaften, nicht nur um die Triebbefriedigung, sondern um die Entfaltung
der Gefühlswelt: um Vertrauen, Zärtlichkeit, Verständnis, Teilen der Gedanken
und Gefühle. Wer das alles einfach abtöten möchte – wie kann er glauben, dass
der Mensch dadurch besser würde?
Die Intoleranz in dem unchristlichen - weil katholischen - Umfeld, in dem Tom Neuwirt aufwuchs, kann ich mir lebhaft vorstellen.
Die Gesellschaft denkt sehr oft leider nur in den
Extremen: Entweder man befürwortet eine Sache oder man verbietet sie. Wer die
Homosexualität nicht verbieten lassen will, der muss ja ein Befürworter sein –
oder? In der Wirklichkeit ist die Sache wohl etwas komplizierter. Man kann eine
Sache sehr wohl ablehnen und trotzdem erlauben! Aus der Auffassung heraus, dass
die Freiheit das höchste Gut ist und immer da geachtet werden sollte, wo die
Freiheit und die Rechte des Mitmenschen nicht beschnitten werden.
So geht es
mir zum Beispiel mit der Abtreibung. Ich lehne sie ab, aber dennoch bin ich gegen ein
Verbot.
Ich persönlich bin schon mehrfach von Homosexuellen angesprochen
worden. Aber niemals hat mich einer von ihnen bedrängt, wenn ich klarmachte,
dass das nicht meine sexuelle Ausrichtung ist. Mein freier Wille wurde von den
vielen Homosexuellen, denen ich in meinem Leben begegnet bin, immer geachtet.
Nun stellt Peter Ischka den/die Tom Neuwirt als
Ausgeburt des Bösen und als Verführer dar, als Beispiel für den Verfall unserer
Werte. Dabei ist doch der Sieg der Conchita Wurst getragen von einem
wunderbaren Geist:
der Geist der Liberalität, der Geist der Freiheit, der Geist
einer Akzeptanz, die nicht wertet. Wir dürfen der sein, der wir wollen. Wir
können den anderen sein lassen, so wie er ist, ohne uns mit ihm vergleichen zu
müssen, ohne genau so sein zu müssen wie er.
Die wenigsten der Fans, die beim
ESC für Conchita Wurst gestimmt haben, fühlen sich durch seinen/ihren Auftritt
dazu animiert, sich genau so zu kleiden oder zu frisieren – da mache ich mir
überhaupt keine Sorgen. Ich finde es schade, dass Peter Ischka nicht verstanden
hat, dass es um etwas ganz anderes geht: darum, dass jeder zu sich selbst
finden darf. Und wenn Conchita es darf – dann darf ich es auch! DAS ist die
Botschaft dieses Sieges, und diese Botschaft finde ich wunderbar, und alle
Leute, die daran teilhaben, sind für mich ein Hoffnungsschimmer für eine neue
Gesellschaft. Nichts ist schlimmer als gegenseitige Inakzeptanz! Nichts ist
schlimmer als diese Verachtung des Andersseins! Hieraus entsteht jede Gewalt.
Das ist das Allerschlimmste.
Conchita Wurst verkörpert die Botschaft:
Anderssein ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung!
Ich bin der Überzeugung, dass Gott uns die
Sexualität ursprünglich zur Fortpflanzung gegeben hat, und dass die
gottgewollte Paar-Liebe auf der Anziehung von Männlich und Weiblich beruht. Ich
bin auch der Überzeugung, dass der Körper, in dem wir geboren sind, kein Zufall
ist, und dass Umoperationen den Menschen nicht glücklicher machen können. Ich
bin der Überzeugung, dass Transgender durch Umoperationen ein großer Irrweg
ist, und dass Homosexualität allgemein ein großer Umweg ist auf dem Weg zu sich
selbst.
Aber ich bin auch der Überzeugung, dass es
Menschen gibt, deren Gefühle – aus welchen Gründen auch immer – andere Wege
gehen. Es ist keine Lösung, ihnen zu sagen: „Du darfst nicht so fühlen wie du
fühlst. Deine Gefühle sind schlecht!“ Gefühle der Liebe und der Lust sind
niemals „schlecht“. Wichtig ist, dass kein anderer in seinem freien Willen und
seiner Integrität beeinträchtigt wird. Wenn es an dem ist, dann sollte jedem
Menschen die völlige Freiheit gewährt werden, seine Gefühle auszuleben. Nur so
kann er dem Rätsel seiner Inkarnation näherkommen.
Peter Ischka ist es offensichtlich aufgefallen,
wie ähnlich Conchita Wurst dem Begründer des Christentums sieht. Er sieht darin
eine Verführung des Teufels. Ich sehe darin eine tiefe Wahrheit: Auch Jesus von
Nazareth war ein höchst androgyner Mann, in seinem Verhalten und in seiner
Ausstrahlung. In der Androgynität drückt sich aus, dass ein Mensch alle
Wesensanteile in sich zur Entfaltung gebracht hat. Wer sich den Auftritt von
Tom Neuwirt auf Youtube ansieht, der sieht einen Menschen von einer
überirdischen zerbrechlichen Schönheit, von dem eine faszinierende Ausstrahlung
ausgeht. Wer weiß, vielleicht ist die Rolle der Conchita Wurst für Tom Neuwirt
ein Teil dieser Entfaltung, um in die Vollkommenheit des inneren Christus
hineinzuwachsen?